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Jedes Kind will lernen!

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Ein Gastbeitrag von Clarita Kunz*

Langweilig? Nein, nein! Aus Angst vor Mobbing bleiben Hochbegabte lieber unerkannt. Foto: iStock

Viele Kinder sind in Hunderten Schulstunden unterfordert. So auch der Sohn von Xaver Heer. Der studierte Biologe und ausgebildete Primar- und Gymnasiallehrer musste feststellen, dass es für hochbegabte Kinder wie seinen Jungen keine massgeschneiderten Schulangebote gab, aber sehr wohl eine Nachfrage. Deshalb lancierte er 1998 in der Stadt Zürich ein schweizweit einmaliges Pilotprojekt: Unter dem Titel «Talenta» wurden neun hochbegabte Kinder zwischen sieben und zehn Jahren in einer eigenen Klasse unterrichtet. Solche Institutionen liegen, wie alle Privatschulen, quer in der Bildungslandschaft und werden vom Beamtenstab der öffentlichen Schulen nicht als Ergänzung, sondern als Konkurrenz betrachtet. Auch bei der Talenta war der Gegenwind enorm – und ist es geblieben.

Dass Hochbegabte unter sich sein sollen, ist aus pädagogischen Überlegungen fragwürdig. Die Zuweisung zu solchen Institutionen entspricht nicht der gewünschten Inklusion, sondern einer Exklusion. Effiziente Begabungsförderung sieht anders aus. Sie separiert niemanden, auch nicht die Hochbegabten.

Auf Unterforderung folgt Minimalismus

Doch auch in öffentlichen Schulen werden Fehler gemacht. In den Volksschulen werden häufig veraltete Unterrichtsmethoden angewendet, die gleichaltrige Schüler dazu zwingen, gleichzeitig die gleichen Aufgaben zu lösen. Das missfällt allen, auch den begabten Schülern! Sie langweilen sich und fühlen sich unterfordert. Und die häufigste Folge von Unterforderung ist Minimalismus. Schnell lernende Kinder sind irgendwann nicht mehr bereit, den Mitschülern andauernd zu zeigen, wie begabt sie sind. Mit der Zeit machen sie nicht mehr mit beim mündlichen Unterricht. Bevor sie eine Arbeit abgeben, warten sie, bis die Mitschüler fertig sind. Sie weigern sich, ihre Aufsätze vor der Klasse vorzulesen. Sie wollen nicht, dass die anderen sehen können, wie flink und mit wie wenig Fehlern sie arbeiten, sonst bekommen sie auf dem Pausenplatz bald einmal den Neid der anderen zu spüren. Und wer will schon ein Streber sein und in Kauf nehmen, dass er gemobbt wird?

Dasselbe Drama spielt sich ab, wenn Lehrpersonen Aufgaben verteilen, die innerhalb von einer Woche gelöst werden müssen. Da sitzen dann vier Kinder an einem Tisch und arbeiten. Schnell wird klar, wer wie viel beziehungsweise wie wenig Zeit braucht, um das Wochenpensum abzuarbeiten. Die Folge eines solchen Unterrichts, der nach wie vor als «modern» gilt: frustrierte, demotivierte Kinder und hilflose Eltern, die laut oder im Stillen das Schulsystem beklagen und kritisieren.

Woher die Schulmüdigkeit?

Zu viele Schüler verschwenden zu viel Energie auf Gedanken rund um Themen wie Selektion und Mobbing. Sie können sich nicht mehr auf den Schulstoff fokussieren. Dies beeinträchtigt die Qualität ihrer Leistungen. Dabei gibt es am Anfang einer Schulkarriere kaum Kinder, die nicht lernen wollen! Der Lernwille verschwindet nicht grundlos und plötzlich im Verlauf der Schulzeit oder aufgrund der Pubertät. In seinem Buch «Jedes Kind ist hochbegabt» schreibt der deutsche Neurologe Gerald Hüther: «Es ist kein Naturgesetz, dass die meisten Kinder, sobald sie ein, zwei Jahre in der Schule sind, ihre angeborene Lust am Lernen verlieren. Das liegt nicht an ihnen und auch nicht an ihrem Gehirn, sondern am Unterricht.»

Unser Bildungssystem schränkt die schulischen Leistungen zu vieler Talente ein. Zu viel Potenzial bleibt liegen! Bereits der US-Amerikaner Carleton Washburne hat Anfang des 20. Jahrhunderts ein Konzept entworfen, wie es möglich ist, gleichzeitig langsam Lernende und begabte Lernende ihrem Potenzial entsprechend zu fördern. Sein Konzept findet sich heute in den Montessori-Institutionen und ist teilweise auch bereits in einigen Volksschulen anzutreffen. Es besteht darin, dass jeder Schüler in den Selektionsfächern Deutsch und Mathematik selbst über das Lerntempo bestimmen kann und auch darüber, zu welchem Zeitpunkt er eine Prüfung schreiben will. Im Unterschied zu den meisten übrigen individualisierenden Ansätzen ist das selbstbestimmte Lernen zeitlich nicht beschränkt, sogar das Schuljahr übergreifend möglich. Die Folgen sind ausschliesslich positiv: Kein Kind bleibt sitzen. Kein Kind ist unterfordert. Das Potenzial jedes einzelnen Kindes wird ausgeschöpft. Und: Die Schüler lernen intrinsisch motiviert. Ihr Selbstwertgefühl wird gestärkt, nicht geschwächt.

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Der Beitrag Jedes Kind will lernen! erschien zuerst auf Mamablog.


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